Das Buch „Kommunalpolitik in den deutschen Ländern“ ist ein Gemeinschaftswerk aller Zentralen für politische Bildung in Deutschland.
Es ist in zweiter (aktualisierter und überarbeiteter) Auflage im Februar 2010 im  Verlag für Sozialwissenschaften (VS Verlag) - erschienen,  und kostet im Buchhandel 34,95 Euro.
Das Buch ist nach wie vor über die Landeszentrale für politische Bildung NRW  - und soweit noch vorrätig auch über die anderen Landeszentralen für politische Bildung - erhältlich.

Dem Buch, das in erster Auflage im Februar 2003 veröffentlicht wurde, liegt die folgende Idee zu Grunde: Das letzte Jahrzehnt war geprägt von der „Demokratisierung“ der Kommunalverfassungen in den deutschen Ländern. Die drei prägenden Stichworte waren „Direktwahl, Bürgerentscheid, Kumulieren und Panaschieren“. Auslöser waren insbesondere die Volksabstimmung in Hessen 1991 (zur Einführung der Direktwahl der Bürgermeister und Landräte) und der Volksentscheid in Bayern 1995 (zur Einführung des Bürgerentscheids über kommunale Sachfragen). Der ehemalige hessische Ministerpräsident Wallmann (CDU), der bayerische Landesverband der Organisation „Mehr Demokratie“ und die Bürger der ehemaligen DDR („Wir sind das Volk!“) waren Wegbereiter der größten Veränderungswelle im Kommunalrecht der Länder seit der Neukonstituierung der kommunalen Selbstverwaltung nach dem Krieg. Diese „revolutionäre“ Phase ist zwischenzeitlich abgeschlossen mit dem Ergebnis einer starken Angleichung der kommunalen Verfassungssysteme in Deutschland; der heutige „einheitliche Grundtyp“ wird vornehmlich nach der Machtstellung des Bürgermeisters differenziert.

Dieser Befund ruft nach einer darstellenden Bilanz. Da Kommunalrecht Ländersache ist, haben es die Landeszentralen für politische Bildung als ihre Sache angesehen, die Kenntnisse über Kommunalpolitik zu verbessern und zu vertiefen. Denn die Gemeinden sind der Ort, wo der Bürger Demokratie und Politik direkt erfahren und praktizieren kann. Bürgerinnen und Bürger sollen die Vorgänge vor Ort, die um sie herum geschehen, verfolgen und kritisch beurteilen können, ihrem Wahlrecht informiert nachkommen können und sich darüber hinaus in den kommunalpolitischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess einbringen können, wann immer sie es für notwenig erachten. „Der Geschmack an Partizipation kommt mit Partizipation, Demokratie schafft Demokratie; mündige Bürgerinnen und Bürger sind aber notwendig, wenn die Politik eine aktive Bürgergesellschaft, also bürgerschaftliche und ehrenamtliche Mitarbeit will“ (S. 347).  

Nach einer Einführung (Wehling)  wird die „Kommunalpolitik in allen 16 Bundesländern“ in ebenso vielen Einzelkapiteln beleuchtet, und zwar jeweils durch einen Autor aus dem betreffenden Land.  Vergleichende Beiträge zum Verhältnis von Kommunalparlament und Bürgermeister (Wehling), zur direkten Demokratie auf kommunaler Ebene (Kost) sowie zur kommunalen Finanzverfassung in Deutschland (Scherf/Hofmann) kommen hinzu. Der Anhang des Buches enthält eine synoptische Übersicht über die Gemeindeverfassungen in Deutschland, ein kommentiertes Verzeichnis kommunalpolitisch relevanter Überblicksliteratur sowie das Verzeichnis der mitwirkenden Autoren.
Das Inhaltsverzeichnis des Buches mit Angabe aller Autoren gibt es hier im pdf-Format (Herkunft: Westdeutscher Verlag) - und hier im htm-Format (Herkunft: Landeszentrale für politische Bildung in Baden Württemberg).

Beide Herausgeber sind anerkannte Politikwissenschaftler.  Prof. Dr. Hans-Georg Wehling war Abteilungsleiter „Publikationen“ bei der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg; er ist am 1.2.2003 – gleichzeitig mit dem Erscheinen dieses Buchs - in den Ruhestand verabschiedet worden. Dr. Andreas Kost  ist Referent für Printmedien bei der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen. Zu den Autoren über die kommunale Finanzverfassung ist zu bemerken, dass Prof. Dr. Wolfgang Scherf einen Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre an der Universität Gießen hat; der Diplomvolkswirt Kai Hofmann war wissenschaftlicher Mitarbeiter an diesem Lehrstuhl und ist seit dem 1.11.2002 Referent im hessischen Finanzministerium. 

Der Hessische Landkreistag empfiehlt das Buch als "ein wertvolles Hilfsmittel für die politische Bildung, das Studium und den Beruf" (Rundschreiben Nr. 188/2003).

 

In dem Buch „Kommunalpolitik in den deutschen Ländern"  zeichne ich für den Beitrag "Kommunalpolitik in Hessen" S. 131 bis S. 152) verantwortlich.

Weil das Buch bei der HLZ mittlerweile vergriffen ist, biete ich hier meinen Beitrag Kommunalpolitik in Hessenzum freien Download an.


Ich habe meine Darstellung folgende Gliederung voran gestellt:
1.
       Einleitung
2.
       Tradition und Entwicklung der kommunalen Selbstverwaltung in Hessen
3.
       Die gemeindlichen Organe in der Praxis
3.1
     Die Gemeindevertretung (in Städten: Stadtverordnetenversammlung)
3.2
     Der Gemeindevorstand (in Städten: Magistrat) und der Bürgermeister
4.
       Der Bürgerentscheid als Element der direkten Demokratie
5.
       Beiräte und Beauftragte
6.
       Landkreise und Regionalreform
7.
       Ausblick
Literaturhinweise. 

Hauptergebnis meiner Untersuchung ist, dass Hessen mit seiner Kommunalverfassung heute entsprechend seiner geografischen Lage auch im Rechtsvergleich eine vermittelnde Position einnimmt, und zwar
-     s
owohl zwischen der besonderen Betonung des Bürgermeisters in Süddeutschland und der Hervorhebung       des Kommunalparlaments (auch gegenüber dem urgewählten Bürgermeister) in Norddeutschland
-     als auch zwischen der besonders anwenderfreundlichen, bundesweit in wesentlichen Fragen einmaligen       Versionraditionsvariante in Baden-Württemberg. des Bürgerentscheids in Bayern und der sperrigen, mit        hohen Hürden versehenen Traditionsvariante in Baden-Württemberg.              

Durch überlegte und maßvolle Änderungen der Kommunalverfassung wurden in Hessen Extreme verhindert, nämlich
-    
sowohl, dass das Kommunalparlament durch allzu mächtige urgewählte Bürgermeister und Landräte nach       Gutdünken „beherrscht“ wird
-    
als auch, dass die Arbeit der Gemeindevertretung durch eine allzu häufige und missbräuchliche
      Inanspruchnahme von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid lahm gelegt wird.

Eine ausgewogene Machtbalance zwischen dem Kommunalparlament und der Bürgerschaft auf der einen Seite sowie der Verwaltungsleitung auf der anderen Seite ist gerade auch deswegen ganz besonders notwenig, weil die Bürgerinnen und Bürger durch Kumulieren und Panaschieren auf die Platzierung einzelner Kandidaten bei der Zusammensetzung des Kommunalparlaments großen Einfluss nehmen können. Durch diese Möglichkeit des Personalisierens, von der bei der Kommunalwahl 2001 rege Gebrauch gemacht wurde, hat sich natürlich auch die demokratische Legitimation der letztendlich gewählten ehrenamtlichen Mandatsträger erhöht. Eine Abwertung der Kommunalparlamentarier verbietet sich daher, vielmehr muss zu Gunsten des Kommunalparlaments, das anders als ein Beauftragter oder ein Beitrag der Gesamtheit der Einwohnerschaft gegenüber verantwortlich ist,  das gesetzliche  Beirats- und Beauftragtenunwesen überprüft werden. 

Auch eine moderne und ausgewogene, gleichermaßen verwaltungs- wie demokratiegeeignete Kommunalverfassung kann die kommunale Selbstverwaltung jedoch nicht wirksam vor Gefahren von außen schützen. In der nahen Zukunft werden daher Fragen des kommunalen Finanzrechts, der territorialen Neugliederung (auf der Kreisebene) und der Reformbedürftigkeit der Landesverfassung im Vordergrund des kommunalen Interesses stehen.

© Ulrich Dressler, 12.11.2016